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Sykelhuset (Tag 37)

Es ist früh am Morgen. Um uns herum schnarchen vereinzelt die Zelte. Es regnet nicht. „Sollen wir vor dem Frühstück abbauen?“ „Ja.“. Der Vater der Familie nebenan ist bereits wach. Michi geht aus dem Zelt. Es ist kalt. Gänsehaut! Boxer Shorts, T-Shirt und Flip Flops sind eindeutig nicht die richtige Wahl für diesen Tag, 9 °C. Man grüßt sich, „Morgen“, und die Drahtesel werden aufgeschlossen. Michi unterhält sich leise mit dem Nachbarn, als ein Mann vom Campingplatz locker Richtung See spaziert. Entspannt spritzt er Wasser auf den Körper, reckt und streckt sich und gleitet in das glasklare Wasser. „Der ist doch…“, meint Michi, als der Herr tiefenentspannt unterschiedliche Lagen schwimmt. Den nistenden Möwen ist es ebenfalls zu viel und sie attackieren den armen Schwimmer im Sturzflug unter lautem Kreischen, bis dieser aufgibt und zurückschwimmt. „Guten Morgen“, öffnet sich das Zelt und Kyra schaut heraus. Schnell ist alles gepackt, das Zelt mit dem Handtuch abgetrocknet und die Familie verabschiedet. „Vielleicht sieht man sich nochmal. Wir schreiben noch eben Blog und frühstücken. Ansonsten schönen Urlaub und gute Zeit!“, wünschen wir ihnen noch. Im Essensraum schreiben wir Blog, speisen Brote und trinken Kaffee. Die Franzosen am Nachbartisch mögen ihren Saft nicht und so tauschen wir kurzerhand, nordischen Gorgonzola gegen Melonensaft. Annemiek und Peter fahren verabschieden sich. Das finnische Pärchen hinter uns verlässt den Raum. Die französische Familie spült ab und geht. Viel zu spät klappen wir den Laptop zu und verlassen den Essensraum.

12:00 Uhr. Wir kaufen noch ein Eis an der Rezeption und der Campingplatzbesitzer gibt uns Tipps für die Weiterfahrt. Da Eis schleckend beobachten wir noch eine Möwe, die dem Platzhund das Essen streitig machen möchte. Zunächst entspannt beobachtet der Hund die sich anpirschende Möwe. Schnapp! Die Möwe entkommt knapp, der Hund geht ins Haus, unmittelbar kommt sie zurück und erlangt das ersehnte Hundefutter. Wir machen uns auf! Endlich!

Vorbei an kleinen Inseln und durch Buchten. Türkisblaues Wasser lässt den Blick und die Gedanken in die Ferne schweifen. Vielfältige Blumen geben der Landschaft violett, rosa, blau, gelb und rote Farbtupfen. Dichte Wolken packen die Berge in Watte und vor uns breitet sich ein dichter Nebel den Hang hinab aus. „Neiiin, och komm schon!“, entfährt es Michi und auch Kyra stöhnt. Es ist kein Nebel. Regen!

Die Landschaft verschwimmt und wir mit ihr. Es geht vorbei an Sandstränden, durch kleine Städte, enge Tunnel, über kleine Hügel, zu sumpfigen Wiesen… durch den Regen. Wir entscheiden uns 30 km abzukürzen und ein paar sagenhafte Sandstrände auszulassen. „Weilheimer!“, ruft Michi verzückt. Wir reden kurz, bekommen einen Kaffee angeboten und lehnen aufgrund der Uhrzeit dankend ab.

Wir müssen endlich Kilometer machen! Nach einer Brücke mit Ampelschaltung halten wir kurz bei einem Rastplatz. Da halten unsere Nachbarn vom Campingplatz neben uns. „Mein Sohn sagte gerade, weit sind die aber noch nicht gekommen“, sagt der Vater lachend. Wir unterhalten uns kurz. Weiter geht es durch den Regen. Die auf der Heizung am Morgen getrockneten Schuhe sind längst wieder durchnässt. In einem graublauen Fetzen machen wir eine Pause. Wir essen die restlichen beiden Wraps vom Vortag. Dann fahren wir weiter. Die Pause lässt die Kälte in die Knochen steigen. Die müden und kalten Muskeln wollen nicht so recht und weitere 50 km liegen vor uns. Erneuter Regen. Es geht an der Küste entlang, durch Täler und es nieselt nur noch. Auf einmal hupt ein deutsches Auto und fährt vorbei. Wir wundern uns. „Das Kennzeichen sagt mir nichts? Dir?“, fragt Kyra. „Nein. Man darf doch mit dem Rad durch den Tunnel da vorne?“, antwortet irritiert Michi. Kyras Rücklicht funktioniert, Michis ebenso, offizieller Radweg. Nach dem Tunnel steht Ally mit ihrer roten Kappe in einer Parkbucht. Verrückt! Die beiden Freundinnen sind bereits heimgereist. Ally haben wir auf der Überfahrt zu den Lofoten nochmal gesehen und nun erneut. Wir unterhalten uns und sie zeigt uns atemberaubende Bilder von ihrer Wanderung. Sie spendiert uns ein Bonbon und leider trennen sich unsere Wege erneut. Es geht weiter und die Kilometer wollen nicht vergehen.

Bei einem kleinen Flugplatz stehen zahlreiche Angler am Wasser. „Petri heil!“, ruft Michi dem Nachbarn und seinem Sohn zu, die gerade ihre Angel vorbereiten. Herrlich wie man sich immer wieder zufällig sieht. Andrea und Georg rufen an. „Wir sind noch am Fahren so 100 km von euch entfernt. Ja… Regen… nicht so flach, wie erwartet… oh nein… gute Besserung euch weiterhin! Dann sehen wir uns ja bald!“, sagt Michi durch das Headset. Die beiden Radreisenden haben uns vor einer gefühlten Ewigkeit, die doch so präsent ist, als wäre es gestern gewesen einen Kaffee spendiert. Die Tage wird die Gelegenheit für eine Revanche kommen. Nach ein paar Tipps für die Suche nach unserem heutigen Schlafplatz legen wir auf. Traumhafte Strandlandschaften, türkisblaues Wasser… leider alles im Grau des dichten Regens halb verborgen.

Dann steht ein mit einem Gesicht verzierter Pfosten am Wegesrand. Dieser markiert den Weg zum Syklisthuset på Grannfør. Aus der Ferne sehen wir den doppelstöckigen Shelter mit Glasfassade. Wie genial und so etwas kostenlos. Wie überall stehen auch hier Wohnmobile und… „Oh, nein!“, seufzt Michi. Der Shelter scheint belegt zu sein. Durchnässt nach über 100 km, davon etwa 60 km im strömenden Regen, stellen wir die Räder hinter dem Shelter ab.

„Na klasse… wieder im Regen Zelt aufbauen… Ju….huuuuu...“, denkt sich Michi, der bereits nach einer geeigneten Stelle Ausschau hält. Da winkt uns die Familie aus dem Shelter rein. Die Tochter steht an der Tür und fragt auf Deutsch, ob wir rein wollen. Wir bejahen und nach wenigen Minuten ist das Eis gebrochen. Wir können bleiben und unterhalten uns noch eine ganze Weile mit der Familie. Dann wird es für die aufgeweckten Kinder, nachdem Emil und Elias, deren Gepäck sowie die Reise erläutert wurde, Zeit fürs Bett. Tochter Maya sichert sich noch den Zugang zum Blog über Papas Handy. Wären wir doch eine Stunde früher gekommen, dann hätten wir noch mehr Zeit zum Quatschen gehabt, aber auch wir sind hundemüde. Wir machen uns noch eine warme Grütze und fallen mit einem atemberaubenden Ausblick ins Bett.


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