Sonne, Strand und Herzlichkeit (Tag 65)
Ein traumhafter Tag schickt uns seine Sonnenstrahlen entgegen. „Frühstück, baden, Zelt abbauen?“, fragt Kyra gefolgt von einem Rrrrrrrt. Die Mücken scheinen zum Großteil noch zu schlafen. Eine Gans fliegt mit lautstarkem Geschnatter über das Gelände des Laavu hinweg, sonst ist es ruhig.

„Oh Mist!“ ruft Kyra in die Stille „Shit! Der Knoblauch ist im Rack Pack ausgelaufen!“. Da wir gestern keinen frischen Knoblauch gefunden haben, mussten wir auf eingelegten im Glas zurückgreifen. Diesen haben wir am Abend aufrecht und zugedreht in den Rack Pack gestellt, doch leider hat beides nichts gebracht. Der Rackpack samt Inhalt verströmt einen Duft, dass Vampire uns in den nächsten Tagen definitiv nicht aufsuchen werden. Alles Wischen und Putzen hilft nichts. Egal, davon lassen wir uns den Tag nicht vermiesen und springen in den See.
Einfach herrlich unter dem blauen Himmel ein bisschen zu planschen und den Lagerfeuerduft vollständig abzuwaschen. Das alles ohne Mückentanz. Auch Kyras „alte“ Matratze bekommt eine neue Verwendung – als Luftmatratze auf dem See. So vergeht eine Stunde wie im Flug. Zum Frühstücken gehen wir zurück zu den Bänken beim Lavu und essen Brot und die letzten Frühstücksflocken. Anschließend räumen wir zusammen und telefonieren jeweils mit unseren Eltern. Inzwischen frischt der Wind wieder etwas auf. Friedo darf dennoch abheben und versucht einen Teil der Schönheit der Natur einzufangen.
Schon meldet sich sein Akku und er landet. „Wie spät ist es?“, fragt Michi mit einem ungläubigen Blick auf seine Uhr. Wir wollten es ruhig angehen, aber 16 Uhr ist beinahe zu tiefenentspannt. Wir blicken ein letztes Mal zurück und verankern diesen traumhaften Ort fest im Gedächtnis.
Dann rollen wir an den bellenden Hunden vorbei auf die Bundesstraße. Weit kommen wir nicht, denn Kyra entdeckt mit den Worten „Hey, schau mal! Erdbeeren!“ ein Schild am Straßenrand. Beim kleinen Hof angekommen zeigt uns der Landwirt seine Waren. Neben Erdbeeren bietet er Kartoffeln, Bohnen und Apfelsaft an. „Puh, 2 kg potatoes. That’s too heavy with the bike. Is it possible to get the half?” Der nette Landwirt grinst. „Sure, just gimme a minute. I need to go to the storage.” Kurz darauf kommt er mit 1 kg Kartoffeln in einer kleinen Tüte zurück. Anschließend probieren wir die kleinen Erdbeeren. Süß, aromatisch – ein Genuss! „I don’t use artificial fertilizers or pesticides. Yeah, they are of smaller size but… the taste is just." Dann vertiefen wir uns in ein Gespräch über seine Farm, die Anbaumethoden und Bodenqualität sowie das Wetter in Finnland. „A long time I did not believe something is happening. Such a nonsense, I said but I was wrong… nowadays I see there’s definitely something happening!” Er ergänzt, dass man früher Tage mit über 25 °C im Kalender markierte, extreme Hitzetage. Wie so oft findet das Gespräch seinen Weg zur derzeitig angespannten Lage und endet jedoch ganz erfreulich mit seinen Plänen für den Ruhestand sowie den kommenden Urlaub in Lappland mit seiner Frau. „We’re going to pick a lot of blueberries and when we’re done, it’s time for our apples here at the farm.” Viel Zeit ist verstrichen, aber genau diese Momente machen unsere Reise so unvergesslich. In Joutsa suchen wir noch einen Supermarkt und müssen somit ein paar Meter zurückfahren. Es lohnt sich jedoch, da dieser ein großes Waschbecken im Eingangsbereich hat. Wir füllen all unsere Wasservorräte auf und schnell weiter. Da wir so spät los sind, haben wir uns entschieden nur 50 km zu fahren. Dennoch dämmert es bereits.
Im Wald finden wir den Laavu. Er ist groß, liegt versteckt und zahlreiche Mücken zwingen uns den Mückenschutz aufzusprühen. Bei genauerem Betrachten sehen wir, dass die gesamte Konstruktion auf einem schiefen Holzblock sowie zwei verkeilten Steinen ruht. Auch die Flächen zum Schlafen haben bessere Tage gesehen und die Pressspanplatten biegen sich bedrohlich. „Irgendwie verschafft mir der Ort Unbehagen. Können wir weiter?“, sagt Kyra sichtlich beunruhigt.

„Klar!“, antwortet Michi. Natürlich wären wir gerne ins Bett gefallen, aber… Wir sammeln noch etwas Feuerholz ein und fahren weiter. Nach ein paar Minuten erreichen wir einen kleinen Badestrand. Eigentlich ist es verboten an offiziellen Badestränden zu Zelten und somit spricht Kyra noch einen Anwohner an, der zufällig mit seinem Auto aufbricht. „Sure, take a rest. Just stay there. Have a nice evening and good night.”, entgegnet er ihr freundlich. Das geplante Feuer für Stockbrot machen wir jedoch nicht mehr. Es ist einfach zu spät. Der Mond erleuchtet die Landschaft und Singschwäne hört man über den ganzen See.

Kyra baut das Zelt auf und Michi kocht aus den Resten Käse(nudeln). Dann fallen wir satt und zufrieden ins Zelt.