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Scherben bringen Glück! (Tag 36)

Ein neuer Tag, Wellen brechen an dem Steinstrand unter dem Zelt. Es nieselt immer wieder. Austernfischer und Möwen wetteifern in einem Vogelsang-Wettbewerb. Die Anstrengungen der nassen Tage stecken uns in den Knochen und vor allem Muskeln. Kyra schläft etwas aus und Michi nutzt die Gelegenheit, um sich telefonisch in der Heimat zu melden. Er bemerkt gar nicht, dass Kyra nach einer Weile im Hintergrund anfängt das Zelt auszuräumen. Die ersten Wanderer laufen am Weg hinter dem Zelt vorbei und andere Radreisende sind bereits „on tour“. Das Telefonat wird nach der Schilderung der zahlreichen Eindrücke beendet und wir bauen das Zelt ab. Emil und Elias bahnen sich schwer beladen den Weg durch das Gestrüpp zurück zum Asphalt. Flip-Flops, Socken an, darüber Mülltüten, Schuhe, Überschuhe. Los!

Wir kaufen eine Kleinigkeit ein und Michi unterhält sich kurz mit einem Norweger, der uns vor dem Verkehr warnt, und einer netten Familie, die mit einem Camper inklusive Dachzelt, Hund und Tochter unterwegs sind. Dann geht es weiter. An jeder noch so kleinen Freifläche neben der engen Straße stehen Wohnmobile, Camper, Kleinwagen. Es geht vorbei an zum Trocknen auf Holzgestellen aufgehängten Fischen. Neben einer Ansammlung dieser kommen wir an einer roten Ampel vor einer engen Brücke zum Stehen. „Bah, ihhhh, riechst du das nicht?!“, macht sich Kyra angeekelt bemerkbar. Michi ekelt sich nicht so sehr, aber es riecht doch sehr nach einer Mischung aus Meer, Frischfisch und… naja nicht ganz so frischem Fisch. Je nach Windböe intensiver oder nur leicht fischig. Wir suchen eine Toilette und finden ein kleines Restaurant in Hamnøy.

Innen ist es nett eingerichtet, getrockneter Fisch, allerlei Souvenirs, Kaffee, Kuchen und… eine Toilette mit zahlreichen dringlich Wartenden. Michi bestaunt die getrockneten Mönchsfischköpfe und die kleinen Beete vor dem Restaurant. Ein kurzes nettes Gespräch mit einem Deutschen. Frau und Sohn treten hinzu. „Die beiden sind bis hier mit dem Rad gefahren ist das nicht beeindruckend?“ Der Sohn bejaht. Doch für die drei geht es leider wieder zurück. „Hoffentlich habt ihr schönes Wetter in Südschweden und eine gute Fahrt.“, rufen wir Ihnen zu. Wir essen unser Eis und gehen ein paar Schritte. Ein junger Mann schließt zu uns auf. Er ist Ukrainer, lebt mit seiner Familie jedoch bereits eine Zeit lang in Norwegen. Er interessiert sich sehr für unsere Tour, die Erlebnisse, fährt selbst Rad und möchte auch einmal eine größere Tour machen, „not that far! ...they are not electric?! “. „No, but we started with small trips also. If you like it, you gonna make longer trips. It’s just beautiful!“ Wir verabschieden uns von einer weiteren spannenden Bekanntschaft, nur um in die nächste zu laufen. Eine Schwedin, ebenfalls mit dem Rad unterwegs gibt uns zahlreiche Tipps für Schlafplätze und schöne Plätze auf den Lofoten. Sie war bereits öfter hier und kennt die Gegend unserer Meinung nach wie ihre eigene Westentasche. Auch das Nordkap hat sie bereits mit dem Rad erreicht. Nach viel Lachen trennen sich unsere Wege. Wir umfahren einen Tunnel. Ein Wasserfall und eine Bucht sollen Fridolin zu neuen Höhenflügen verhelfen.

„Ich schau eben nach ob Frido hier fliegen darf.“, sagt Michi. Das Internet ist zu schlecht, das Smartphone wird auf der Tasche abgelegt und Fridolin aus der Elektroniktasche… „Dein Han…!!!!“, ruft Kyra noch… Das Malheur ist bereits geschehen. Mit Sekundenkleber wird das Display notdürftig gegen die Feuchtigkeit versiegelt. Der von Rissen durchzogene Bildschirm reagiert noch, also alles „halb so wild“. Dennoch ärgerlich. Fridolin darf nicht fliegen. Es geht zu einem Rastplatz für das Frühstück. Wohnmobile kommen und gehen, während wir genüsslich essen. „Ein Schongauer!“, ruft Michi erstaunt und schon ist er unterwegs. Ein kurzes nettes Gespräch. Als er wieder bei Kyra ankommt ist sie bereits mit zwei weiteren Eheleuten im Gespräch. Gestärkt und voller Elan geht es an der Küste entlang.

Es ist bewölkt und Sonne sowie Regenwolken liefern sich einen erbitterten Kampf. Der Ausgang ist ungewiss. Vorbei an Wiesen voller Wollgras geht es gegen den Wind. Ein Sandstrand! Wir stellen unsere Drahtesel in eine Lücke der überfüllten Parkbucht, gehen zum Strand mit dem traumhaften Wasser und machen ein paar Fotos.

Wären es nicht 11 °C und läge nicht Schnee an den Hängen hinter uns, so könnte man den Strand auch in der Karibik verorten. Zäh geht es weiter und die etappenweisen überfüllten Straßen verleiten viele zu riskanten Überholmanövern. Bildlich, jedoch nicht übertrieben gesprochen, sind die Fahrzeuge häufig zum Greifen nah. Scheinbar haben wir jedoch eine ganze Eskorte an Schutzengeln dabei, die Schlimmeres auf die Millisekunde abwenden. Es geht in einen Tunnel. Auf dem Rad-/Fußweg geht es linksseitig hinab in den dunklen, 3,5 km langen Stollen. Der Verkehr dröhnt, Abgase vernebeln den Geist. Ein anderer Radreisender kommt bepackt und ohne Licht entgegen. Wir lassen ihn passieren und sind verdutzt, dass er wirklich gar kein Licht am Fahrrad hat. Ein leises schrilles Pfeifen gesellt sich zu dem Dröhnen der Motoren. Es schwillt an. Man möchte beide Hände vom Lenker nehmen und die Ohren abdecken. „Das ist Folter!!!“, schreit Michi verzweifelt in die Klangkulisse hinaus. Mittlerweile geht es bergauf, sodass man kaum vorwärts kommt und wir kurbeln dem Urheber des Geräusches, das an einen durchgängig in Metall schneidenden Winkelschleifer erinnert, entgegen. Ein vermutlich wartungsbedürftiger Starkstromkasten. Mit klirrenden Ohren verlassen wir den Tunnel. Ein herrlicher Blick über Wasser, ein Boot pflügt durch die Wellen. Schön! Wir halten bei einem Supermarkt und kaufen weitere Sachen. „Morgen ist doch Sonntag.“, sagt Kyra. Dann geht es einen kleinen Anstieg 100 m bergauf, dichter Regen hinter uns. Wir suchen nach einem Schlafplatz. Als es zu nieseln beginnt sehen wir ein Schild: „Campingplatz 100 links“. „Das machen wir!“, sind wir uns einig.

Dort angekommen stellt sich heraus, dass es ein Platz ist, den Kyra zuvor gefunden hatte, dieser jedoch im Internet an einer anderen Stelle eingezeichnet war. Er hat eine Fasssauna am See! Nach den regenreichen Tagen genau das Richtige! Wir überlegen nur kurz und buchen die Sauna für 1 h ab 23 Uhr. Der letzte freie Termin. Welche ein Glück! Wir unterhalten uns beim Zeltaufbau noch mit einer deutschen Familie, die gerade von einer kleinen Kanoe-Paddeltour zurückkommt. Sie spendieren uns einen Kaffee. Dann geht es ans Kochen, wir machen Wraps und ein netter Franzose gesellt sich zu uns. Anschließend helfen wir einem Motorrad fahrenden Ehepaar bei der Entscheidung der Routenplanung gen Süden. Zwei Niederländer sprechen uns an. Annemiek und Peter fahren ebenfalls mit dem Fahrrad zum Nordkap, von den Niederlanden aus! Wir reden und sprechen gemeinsam über unsere Erlebnisse, es ist herrlich. Sie sind bereits am Morgen an unserem Zelt vorbeigefahren. Auch haben sie Audrey, Jimmy und Lena sowie Franz gesehen. Es ist einfach so schön und faszinierend. Wir könnten noch Stunden reden und die beiden sind so herzlich, dass wir fast unsere Sauna vergessen. „Wir werden uns bestimmt noch auf der Tour sehen, aber vergesst nicht eure Sauna!“, sagt Peter. So packen wir alles zusammen und gehen zu Zelt und Sauna. Es ist fantastisch! Ein Reiher fliegt über den vom Wind aufgepeitschten See. Wir sitzen im wohlig Warmen! Nach einer Stunde ist es genug. Wir duschen, sind tiefenentspannt und gehen zum Zelt. Schnell sind die Isomatten aufgeblasen und wir fallen zufrieden ins Bett!

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