Oulu (Tag 58)
Aktualisiert: 30. Nov. 2022
Erneut wachen wir mitten in der Nacht auf, es regnet in Strömen und der Regen peitscht gegen den Footprint. Ein kurzer Check ergibt: In unserem Innenzelt ist alles trocken. Hoffentlich bleibt das so. Ein bisschen unruhig schlafen wir erneut ein. Am nächsten Morgen erwachen wir und der Himmel ist wieder blau. Durch den starken Wind ändert sich das Wetter hier schnell. Michi springt aus dem Innenzelt sowie Laavu und geht auf Toilette. Aufgrund des guten Wetters entscheidet er sich dazu Fridolin fliegen zu lassen, doch kurz nachdem Frido in der Luft ist, hören wir ein Gatter. Es scheinen bereits die ersten Leute auf dem Bretterpfad unterwegs zu sein. Also bauen wir schnell ab und frühstücken eine Kleinigkeit. Dabei tauchen die Personen, die wir gehört haben auf. Wir und die Personen begrüßen uns mit „Hey“ und sie gehen weiter. Allgemein haben wir das Gefühl, dass man in Finnland nicht viele Worte verliert. Von sich aus haben uns bisher wenige Personen angesprochen, wenn es zu einem Gespräch kam, dann meist, weil wir eine Nachfrage hatten. Als wir mit dem Frühstück fertig sind, geht es auch für uns zurück zum Bretterpfad. Auf dem Weg kommt uns eine Familie mit zwei Kindern entgegen. Wir sagen erneut „Hey“, die Eltern nicken uns entgegen. Wie gestern Abend ist der Pfad eine kleine Herausforderung. Wir gehen mit kleinen schnellen Schritten neben Emil und Elias über den Weg und müssen aufpassen nicht auszurutschen. Michi flüstert ein paar Mal vor sich hin: „Hoffentlich kommt uns keiner entgegen, hoffentlich kommt uns keiner entgegen“. Das wäre auch wirklich sehr sehr eng! Auf ungefähr halber Strecke bleibt Michi mit Elias vor Kyra und Emil stehen. Ein Schaf steht mitten auf dem Weg und guckt die beiden an. Auch als wir uns nähern, scheint es keine Angst zu haben und bleibt stehen. Wir erkennen, dass es ein Lamm ist und fangen sogar an mit diesem zu reden: „Na du? Wo ist deine Mama? Kannst du kurz zur Seite gehen?“ Doch erst nach einer gefühlten Ewigkeit springt es von den Brettern runter und läuft zur Mama zwischen dem lichten Wald. Wir gucken uns verdutzt und belustigt an und gehen weiter. Kurz darauf hören wir einen Hund. Dieser scheint ganz wild auf die Schafe zu sein. Ein paar Sekunden später sehen wir, wie der Hund an der Leine immer wieder von den Brettern ins Nasse runter springt und versucht zu den Schafen zu gelangen. Die Leine hält diesen davon ab und die Besitzerin merkt, dass der Pfad mit Hund keine gute Idee war. Zusammen mit einer weiteren Frau mit Hund dreht sie um. Wir folgen schnell, denn das Ende ist in Sicht. Das Gatter rastet hinter uns ein und wir atmen erleichtert auf. Geschafft! Die beiden Hundehalterinnen sitzen beim Parkplatz auf einer Bank und schauen uns interessiert an. Kurz quatschen wir über unsere Route und in diesem Moment kommt der Finne mit dem Transporter vom Vortag ausgestiegen. Er stellt sich als Jani vor. Auf unsere Frage, ob er gut geschlafen hätte, antwortet er mit „Yes, was it cold last night?“ Wir verneinen, denn im Schlafsack, Innenzelt und Laavu konnte man es wirklich gut aushalten. Während wir weiter quatschen und erfahren, dass es Janis erster Urlaub nach Jahren alleine mit seiner Frau ist und die Kinder zuhause geblieben sind, putzen wir unsere Kette. Nach dem Regen und den Sandpisten leiden diese immer sehr. Jani interessiert sich für unsere Fahrräder und ist vom Low Rider (Gepäckträger Vorderrad) beeindruckt. Etwas später kommt seine Frau dazu und nach weiteren Minuten verabschieden wir uns.
Wir fahren zurück zur Hauptstraße und bereits nach wenigen Metern ist die Region Oulu und damit ein super Radweg erreicht. Wir folgen dem Radweg gegen den Wind bis nach Oulu, wo wir zunächst einkaufen gehen. Michi kommt strahlend mit Halva und Vanilleeis aus dem Supermarkt: „Das können wir schön am Strand essen, meinst du das Eis hält 5 km?“ Mit Eis und Halva beladen düsen wir durch das schöne Wetter in Richtung Ostsee. Vor uns breitet sich ein großer Sandstrand aus und wir suchen uns eine Bank. Der Wind bläst hier so stark, dass Emil und Elias im Wind schwanken und wir uns mit dem Rücken gegen den Wind setzten müssen. Das Eis ist durch den heutigen Sonnenschein bereits kurz davor zu schmelzen, doch wir haben es so gerade geschafft. Nun genießen wir Halva mit Eis im Sonnenschein am Strand von Oulu!
Traumhaft! Trotzdem sind wir heute irgendwie müde und wissen noch nicht, ob wir die weiteren Kilometer zu unserem rausgesuchten Laavu schaffen, doch zunächst fahren wir eine kleine Runde durch Oulu und schauen uns den Park Hupisaaret Islands mit vielen kleinen Brücken und Springbrunnen, den Dom, Toripolliisi (Bronzestatue Wahrzeichen der Stadt) und den Marktplatz an. Oulu gefällt uns richtig gut. Es ist eine schöne Abwechslung, nachdem wir tagelang gefühlt nur Wald gesehen haben.
Da wir dringend Trinkwasser benötigen, macht Michi eine Trinkwasserstelle aus. An eingezeichneter Stelle befinden sich zwei Wasserhähne mit Trinkwasser. Wir füllen unsere Wasserflaschen auf und machen uns Gedanken, wie es jetzt weitergeht. „Ich brühte etwas aus“ sagt Michi und auch Kyra ist ziemlich müde: „Vielleicht sollten wir einfach früh schlafen gehen?“ Wir entscheiden uns für einen Laavu der nur noch circa 30 km von Oulu entfernt ist. Der Laavu befindet sich in einem kleinen Waldstück am Fluss neben einer Schule, wir sind gespannt, was uns dort erwarten wird. Auf dem Weg dorthin fahren wir durch einige Wohngebiete. Die Fahrradwege wechseln zwischen ausgebauten Radwegen, Sandwegen, Schotter… aber wir kommen schnell voran, denn der Wind kommt nun nicht mehr von vorne.
Kurz bevor wir unser Ziel erreichen, fahren wir durch ein besonders schönes Wohngebiet mit Häusern direkt am Wasser. Wir biegen in den kleinen Wald ein und werden von zahlreichen Heidelbeeren begrüßt. Ein paar Meter weiter ist eine Frau am Pflücken und ein Jugendlicher spielt Frisbee.

Unser Laavu für die Nacht ist jedoch noch frei und somit kann unsere Abendroutine beginnen. Kyra baut das Innenzelt als Mückenschutz auf und bereitet das Bett vor, Michi kocht Suppe. Nach dem Essen machen wir uns sofort bettfertig und liegen bereits um 22:00 Uhr fertig und müde im Schlafsack.