Oslofjord, Hügel… Oslo! (Tag 15)
Wir haben super geschlafen. Kyras Zehen sehen weiterhin ziemlich lädiert aus. Darum wird erst einmal mit Hydrokolloid-Pflastern und reichlich Tape fixiert. Anschließend geht es auf die Terrasse und wir frühstücken zu viert ein äußerst leckeres Bircher-Müsli mit Tee und Orangensaft (Danke für das Foto!). Jan gibt uns noch ein paar Tipps hinsichtlich der Routenplanung und zeigt uns einen Weg abseits der Hauptstraße. Zudem merkt er an, dass ein ansehnlicher Anstieg auf uns wartet. Emil und Elias warten schon gespannt, als wir bepackt mit unseren Taschen durch die Tür schreiten.

Die beiden werden bepackt und Nachbarn schauen interessiert und das ein oder andere Gespräch wird geführt. Dann ist es wieder soweit, wir müssen Abschied nehmen. Wir bedanken uns für das leckere Essen, die super Nacht und einfach die schöne Zeit mit Caroline und Jan. Zum Abschied bekommen wir noch die beiden Norwegen-Flaggen. Über Sande geht es entlang einer leicht hügeligen Nebenstraße. Seit wir die Flaggen in der Seitentasche haben, sprechen wir fließend norwegisch. Das denken zumindest andere Radfahrer und so überholt uns ein Radbegeisterter mit seinem Drahtesel und fängt freundlich mit Michi ein Gespräch auf Norwegisch an. „Hej, snakker du engelsk eller tysk?“, erwidert Michi gekonnt. Der Norweger muss lachen und wir unterhalten uns ein wenig über unsere Tour auf Englisch. Er nutzt unseren QR-Code für Instagram und wir verabschieden uns. Michi hat Tschüss auf Norwegisch bereits wieder vergessen und ruft ihm nach, „What’s the norwegian word for bye?“ „Ha det bra!“ „Ha det bra! Tusen takk!“ Und so radeln wir unserer Wege. Da wir wissen, was uns gleich erwartet kaufen wir uns in Drammen ein Eis und füllen die Pflasterlücke im Erste-Hilfe-Set auf. Als wir auf unseren heutigen Herausforderer zufahren passieren wir eine Gruppe junger Rennradfahrer die uns ungläubig an- und nachschauen. Das macht Mut. Auf dem kleinsten Kettenblatt geht es hinauf. In einem fast ebenen Teilstück gönnen wir uns noch eine Trinkpause und dann geht es weiter die 5 % - 9 % Steigung hinauf. Oben angekommen, trinken wir mit dem Blick auf den kleinen See Damtjern. So verlockend das kalte Nass ist, besteigen wir wieder unsere Esel und rauschen über Asker und Sandvika Oslo entgegen. Dort angekommen fahren wir in Richtung Frognerparken einen Hügel auf der Straße hinauf. Da schlendern zwei Tennisspieler mit Tasche und Schläger von der nahen Anlage auf die Straße. Ein Blick auf uns reicht nicht, erst das Klingeln von Elias bewegt die beiden in Richtung Fußweg. Doch sieh an, kaum ist Elias an ihnen vorbei laufen sie Emil vor die Nase. Solche Esel haben die Drahtesel noch nicht gesehen.
Im Frognerparken haben sich einige Queer-Gruppen versammelt und sitzen mit unzähligen Regenbogen-Fahnen im Park. Insgesamt trifft man im gesamten Stadtbild immer wieder auf die Flagge, ob an Wohnhäusern, öffentlichen Gebäuden, in zahlreichen Gesichtern, an Rädern und Autos. Vor dem Hintergrund des Anschlags auf einen Queer-Club am Vorabend ein bemerkenswertes Statement und Zeichen der Solidarität. Angekommen am Slottsparken wohnen wir der Wachübergabe bei. Das Osloer Rathaus ist unser nächstes Ziel. Aufgrund der höchsten Terrorwarnstufe wird es streng bewacht.
Auf dem Weg zur Oper und dem Munch-Museum passiert uns ein Jeep mit Soldaten. Ansonsten ist die Stadt sehr lebendig und es herrscht trotz allem eine ausgelassene Stimmung. Am Botanisk Hage vorbei geht es den bisher steilsten Anstieg hinauf. Da auch die Einheimischen schieben hat Emil ab drei viertel des Weges auch keine Lust mehr und bockt auf. Kyra schiebt ihn die letzten Meter. Wir kommen an einer Ampel raus, ein Busfahrer winkt uns freundlich vor. Wir fahren an. Da ziehen zwei Fahrzeuge, ein Taxi und ein weiterer Pkw, am Bus vorbei. Michi bremst, Kyra auch. Elias steht, Emil kippt zur Seite und zieht Kyra mit seinem Gewicht zu Boden. Die Hände sind aufgeschürft und das Rechte Knie ebenso. Die Erstversorgung findet vor Ort statt. Nach einigen Minuten ist der erste Schock abgeklungen und das Knie pocht, die Handflächen brennen. Nach ein paar zögerlichen Schritten steigt Kyra wieder auf und kann die letzten 5 km zum Hotel radeln.

Dort angekommen gibt es Probleme mit der Reservierung. „Yeah we’ve always problems with these online reservations.“, eröffnet Michi der Herr an der Rezeption. Nach kurzem Hin und Her wird die Bestätigung per Smartphone vorgezeigt und wir bekommen unser Zimmer. ABER es gibt, mit Ausnahme eines losen Fahrradständers, keinerlei Möglichkeit die Fahrräder unterzustellen oder anzuschließen. Nach einem weiteren Gespräch ist klar, dass die Räder für unsere Reise essenziell sind. Also bekommen Emil und Elias die Ehre unter den Augen staunender Schaulustiger durch die Hotellobby, in den Aufzug und auf das Zimmer geschoben zu werden. Uns vieren reichts! Wir duschen im Strobolicht unseres Bades, kühlen das Knie mit dem Inhalt der Mini-Bar und fallen ins Bett.