Estlands traumhafte Radwege (Tag 70)
Der Wecker klingelt und wir drehen uns nochmal kurz um. Dann geht es auf zum Frühstücksbüfett. Erneut genießen wir Joghurt, Orangensaft, Kaffee, Würstchen, Brote… kurzum das gesamte Büfett. Nach dem Auschecken bepacken wir die Esel und auf geht’s in Tallinns Verkehr. Der dichte Verkehr fordert unsere Aufmerksamkeit. Auch, da kleine unbemannte Transporter sich durch das Gewusel bewegen. Fast durchgängig haben wir jedoch eine eigene Fahrspur. Klasse!

Im Gewerbegebiet am Stadtrand kaufen wir noch ein paar Kleinigkeiten, um den Tag zu überstehen. Es ist erneut sehr, sehr warm. Keine Wolke, dafür ein gutes Lüftchen. Bestückt mit Trinken und Sauce für die Nudeln schwingen wir uns erneut auf Emil und Elias. Es geht durch einen lichten Nadelwald. Der Radweg ist top und zum Glück vorhanden. Der sandige Boden um uns wäre sicherlich sehr anstrengend zu fahren. Frisbee-Golf ist auch hierzulande eine populäre Freizeitbeschäftigung und so stehen zahlreiche Fangkörbe zwischen den Bäumen. Ein kleiner Baggersee ist aus einer der Kiesgruben entstanden. Groß und Klein erfreuen sich an der Abkühlung. Sogar eine Wasserskianlage ist auf dem Gelände. Es ist idyllisch und unbeschwert bis… ganze Salven die Luft zerschneiden. Links und rechts der Straße befinden sich erneut Truppenübungsplätze. Wir lassen sie schnell hinter uns und suchen ein ruhiges, schattiges Plätzchen im Wald. Die Wassermelone wird verspeist und wir blicken auf dem Rücken liegend hinauf in die Kronen der Kiefern.

Im Wind schwingen sie leise hin und her. Man könnte einschlafen, aber für uns geht es mit neuer Kraft weiter. Wir radeln Städte und Dörfer mit alten gut gepflegten Holzhäusern in liebevoll gestalteten Gärten, neben Prachtbauten aus Beton im modernen Stil. Strampeln durch weitläufige goldgelbe Kornfelder in denen Stallungen, Höfe stehen, die von der Zeit überholt wurden. Mancherorts fühlt man sich in einer Zeitkapsel. Mancherorts im Kontrast zwischen alt und neu.
Doch eines ist durchwegs top. Der Radweg! Estland begeistert uns. Neben einer verfallenen Ziegelei steht ein altehrwürdiges Gemäuer mit Fenstern, die von kunstvoll verschnörkeltem Holz eingefasst sind. „Hast du den Garten gesehen?“, fragt Michi. Kyra nickt und zeigt auf die überdachte Terrasse und den dahinterliegenden Teich mit prachtvollem Säulengang. Dann geht es erneut an der Hauptstraße entlang. Wir halten erneut, trinken und stellen fest, dass unsere Schokolade in der Tasche schmilzt. 31 °C im Schatten.

Keuchend erreichen wir Rapla und füllen erneut auf. Kühle Getränke, ein Mangoeis und estnische Schokoriegel, Kohuke, aus dem Kühlregal werden größtenteils direkt verzehrt.
Erneut geht es über Kornfelder und ein Storch sucht sich sein Abendbrot. Allgemein finden sich viele Storchennester auf der Strecke.
Dann finden wir die Abzweigung und fahren durch einen gut bewirtschafteten Forstwald. Hier irgendwo soll unser heutiger Schlafplatz liegen. Da! Ein Schotterweg führt rechts von der Hauptstraße ab an einem Feld entlang. Der Landwirt drischt das Korn und beachtet uns nicht. Staub zieht vom Feld herüber. Den Wasserlauf zum Wäsche waschen können wir nur erahnen. Dichtes Gestrüpp versperrt den Weg und Tiere haben sich den Weg durch dieses gebahnt. Wir bleiben dennoch und bauen das Zelt auf. Michi versteckt die Essenstasche noch 150 m entfernt und Kyra die Hygienetasche 50m in die andere Richtung entfernt am Wegesrand. Schließlich sind wir noch in Bärengebiet. Ein Reh beobachtet uns genau, vermutlich haben wir seinen Zugang zum Wasser etwas verengt. Zerstochen von den Blutsaugern kriechen wir ins Bett. Ein Nagetier hält uns noch wach, ehe uns die Augen erschöpft zufallen.