Einmal durch Hamburg (Tag 98)
Die Nacht hat es mehrmals heftig geregnet, doch der Morgen begrüßt uns mit Sonnenschein. Bevor wir das Zelt abbauen, bekommen wir noch die Bilder geladen und der Blogbeitrag fertig gemacht. Draußen ist es nochmal merklich kühler geworden. Wir haben es aktuell nur noch 12-15 °C. Brrrr. Das lässt uns fast an die 10 °C in Norwegen erinnern. Schnell ziehen wir uns an und bauen das Zelt auf, während unsere Handtücher und Warnwesten noch klatsch nass in der Sonne trocknen. Die kleine Fähre Siebeneichen über den Elbe-Lübeckkanal wird durch ehrenamtliche betrieben und fährt deshalb nur am Wochenende. Somit müssen wir einen nicht geplanten Umweg von circa 6 km fahren. Wir schwingen uns auf Emil und Elias, fahren durch Fitzen sowie Büchen-Dorf und haben den Umweg schnell hinter uns gebracht.

In Büchen, auf der anderen Seite vom Kanal, springt Michi in den Supermarkt. Der Hunger ist bereits riesig und die restlichen Pfannkuchen von gestern warten nur verspeist zu werden, doch kalte Pfannkuchen ohne alles? Michi kommt mit Marmelade und zwei Croissants zum Parkplatz zurück. Wenn man auf Radreise ist, gibt es ein paar Dinge, die einem über die Zeit egal werden und so setzen wir uns auf den Parkplatz und machen noch vor Ort unser Frühstückspicknick, wie wir es schon in zahlreichen Ländern gemacht haben. Lustigerweise haben wir beim Essen vor Supermärkten bereits viele andere Radreisende kennengelernt, die ebenfalls ihr Essen noch vor Ort stehend oder sitzend verspeist haben. Diesmal bleiben wir jedoch zu zweit. Wir streichen die Marmelade auf die Pfannkuchen, köstlich! So köstlich sogar, dass nach nur wenigen Minuten alle Pfannkuchen und das Croissant aufgegessen sind.
Michi knurrt weiterhin der Margen, weshalb er ein zweites Mal einkauft und bereits Waffeln für Unterwegs mitbringt. Nach einem kurzen Gespräch mit einer Frau, die einen Bulli mit dem Kennzeichen „WM“ für Weilheim-Schongau, Michis Heimat, fährt, geht es weiter. Kaum sitzen wir auf den Drahteseln kommt uns ein weiteres Auto mit dem Kennzeichen „LER“ entgegen. Das erste Leeraner Kennzeichen seitdem wir wieder in Deutschland sind! Kyra winkt etwas verrückt hinterher, doch weder das Auto noch Michi nehmen die Szene wahr. Unser nächstes großes Zwischenziel ist Hamburg, also müssen wir immer in Richtung Westen. Leider kommt seit ein paar Tagen aus dieser Richtung der Wind und nun hat er aufgefrischt. Als wir Büchen verlassen bekommen wir das gleich zu spüren. Wir kämpfen uns die Freifläche an Schienen gegen den Wind entlang. Die müden Knie und Muskeln danken uns das mit Schmerzen, doch da müssen wir durch.
Etwas langsamer als gewohnt sind die ersten Kilometer bis nach Schwarzenbek geschafft. Anschließend fahren wir nur noch über kleine Freiflächen und viel durch Dörfer sowie Wald. Der Gegenwind ist dadurch wesentlich erträglicher. Als wir in Wentorf bei Hamburg ankommen, scheint der starke Gegenwind durch die um uns liegenden Häuser fast verschwunden und so geht es rein in die Großstadt. Über 20 km schlängeln wir uns durch mal mehr und mal weniger Verkehr bis in die Innenstadt. Hier fahren wir zunächst ein kleines Stück an der Elbe entlang, wo uns leider erneut heftiger Gegenwind erwartet und Starkregen einsetzt. Der Blick auf das Speicherviertel lässt uns dann jedoch umso mehr strahlen. Wir machen ein Foto und fahren über Kopfsteinpflaster dem Hafen entgegen.

Am Morgen hatte Michi bereits festgestellt, dass ab heute in Hamburg der Hafengeburtstag ist. Was ein Zufall! Nun breiten sich vor uns unzählige kleine Buden aus, also perfekt für unsere kleine Pause. Da wir Lust auf etwas Warmes und Herzhaftes haben, gehen wir an zunächst zahlreichen Ständen mit Crêpes, gebrannten Mandeln und Eis vorbei. Wir glauben schon, dass der Markt hier vorbei ist, und essen beim letzten Stand schnell eine Wurst im Brötchen auf die Hand, bevor wir bemerken, dass sich der Hafengeburtstag noch wesentlich weiterzieht.
Aufgrund des Wetters ist jedoch nicht viel los, weshalb wir mittlerweile klatsch nass uns gegen das weitere schieben entscheiden und langsam auf dem Fahrrad an den zahlreichen Büdchen vorbei fahren. Nachdem wir am Ende angelangt sind, biegen wir versehentlich einmal falsch ab, doch sind schnell wieder auf der richtigen Strecke und dem EuroVelo angelangt. Bereits vor einem Jahr sind wir ein kleines Stück vom Elberadweg bei unserer Tour von München über Berlin bis nach Emden gefahren und auch heute folgen wir diesem. Der Elberadweg soll einer der schönsten Fernradwege in Deutschland sein und wir haben bisher sehr viel Positives gehört. Er ist eindeutig ein weiteres Reiseziel für uns und unsere Drahtesel. Nach Altonaer Fischmarkt und den Elbterassen fahren wir die Straße Övelgönne an wunderschönen Häusern vorbei bis wir direkt am Elbstrand rauskommen und diesem folgen. Selbst bei Regen ein wunderschöner Weg!

Im letzten Moment erreichen wir die Teufelsbrück um auf die andere Seite überzusetzen. Beim Kauf des Tickets wird es jedoch nochmal hektisch. Wir haben nur noch lediglich 20 € Bargeld und genau diesen Schein will der Automat nicht nehmen. Aus diesem Grund springt Kyra komplett nass in das daneben liegende Restaurant, tauscht den Schein und kommt Michi mit vier neuen 5 € Scheinen entgegengelaufen. Der Kauf glückt und wir erwischen die kleine Fähre noch in letzter Minute. Die Fahrt von Teufelsbrück nach Rüschpark ist in wenigen Minuten geschafft. Da der Nordwestwind weiterhin weht, rufen wir zuvor lieber beim Campingplatz an, da es vielleicht etwas später werden könnte. „Kein Problem! Kommen Sie vorbei, ja unbedingt es wäre noch ein Schlaffass frei.“, sagt die nette Stimme am anderen Ende. Wir sind nass, das Zelt ist ebenfalls und… Na gut, wir wollten ohnehin immer mal ein Schlaffass probieren. Dann war es gestern doch die letzte Nacht im Zelt. Gespannt fahren wir an Airbus am Flugplatz Hamburg-Finkenwerder vorbei und erreichen das Alte Land. Kyra fühlt sich sogleich pudelwohl und fast wie zuhause. Riesige Apfelfelder begleiten uns auf den letzten 20 km zum Campingplatz.
Durch ein schön gestaltetes Tor rollen wir die letzten Meter auf den Hof. Schnell wird das Schlaffass bezogen und dann geht es zurück zur Rezeption. Heute ist im Camping-Platzrestaurant Pizzaabend. Die passierten Tomaten aus Finnland werden somit bis Emden mitreisen. Wir genießen die Pizza mit viel Käse und Knoblauch.
Dazu gibt es heißen Apfelsaft und ein leichtes Cider. Satt und zufrieden fallen wir in unser Schlaffass und sind sofort im Land der Träume.