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Ein Rentier! (Tag 29)

Wieder kommen wir nicht wirklich aus dem Bett und nutzen die Morgenstunden, um etwas auszuschlafen. Kyra ist weiterhin ziemlich verschnupft. Nach einem Frühstück im Zelt und kleinen Regenschauern kommt die Sonne ein wenig raus. Unser Zeichen! Schnell aufstehen, anziehen und einpacken. Die kleinen Fliegen des Vortrags hängen reglos im Kondenswasser des Außenzeltes. Es müssen um die 100 Fliegen sein.

Als die Drahtesel gesattelt sind, fahren wir aus unserem kleinen Waldgrundstück heraus auf die Straße. Schnell ist Namsos erreicht, wo wir noch schnell einkaufen gehen. Da morgen Sonntag ist, wird es ein bisschen mehr als die letzten Tage. Es gibt vier Bananen, sehr reife Pflaumen, zwei Berliner, Nudeln, Pesto, Tomaten, Brot, Wurst, Käse, zwei Joghurt, Kekse und ein Schokoriegel. Die Berliner und Pflaumen werden noch vor dem Supermarkt genascht. Lecker! Nun geht es weiter. Schöne Fjorde erstrecken sich entlang unserer Wege und viele Steigungen erwarten uns.

An einer Steigung schleicht sich ein anderer Radreisender von hinten an uns heran. Er stellt sich als Franz aus Deutschland vor. Sein Ziel ist ebenfalls das Nordkap. Sein Ziel sind etwa 100 km am Tag, damit er jede Woche 2 Pausetage für seinen Nebenjob einlegen kann. Am Nordkap möchte er ungefähr Anfang August sein. Anschließend fliegt er zurück und macht noch mit seiner Freundin Urlaub. Für die Tour hat er in seinem Studium ein Urlaubssemester eingelegt. Wir quatschen ein bisschen über Wildcampen und Campen bei Norweger*innen im Garten, über die Lebensmittelkosten und Nachhaltigkeit. Dabei meistern wir die ein oder andere Steigung und fahren an einem Wohnmobil mit Kennzeichen aus Österreich vorbei. Wir drei betrachten beim Vorbeifahren kurz die Fahrräder, die an das Wohnmobil gelehnt sind. Anschließend fährt Franz in einer rasanten Geschwindigkeit vor. Wir verabschieden uns und sind uns sicher, dass wir uns auf dem Weg noch einmal begegnen werden. Diese Begegnung lässt auch tatsächlich nicht lange auf sich warten. Ein paar hundert Meter später sehen wir Franz erneut, wie er sich aus einem Bach Wasser in seine Trinkflasche füllt. Erneut fährt er vor und erneut sehen wir ihn hundert Meter später erneut. Diesmal stellt er seine Kette richtig ein und ölt diese. Wir rauschen begab an ihm vorbei und trauen erst kaum unseren Augen. „Ein Rentier!“ ruft Michi begeistert. „Ja, ich seh´s auch!“ ruft Kyra zurück. Das Rentier steht zwischen ein paar Schafen und scheint gerade sein Winterfell zu verlieren. Vor lauter Begeisterung und Abfahrt schaffen wir es leider nicht ein Foto zu schießen, aber weitere Rentiere folgen bestimmt! Es folgt ein starker Anstieg an welchem zwei Rennradler an uns vorbeifahren. Ein dritter arbeitet sich langsam an uns heran und aus der Ferne folgt Franz bereits wieder, welcher an uns allen vorbeischießt. Es stellt sich heraus, dass die Rennradfahrer die Österreicher mit dem Wohnmobil sind. Diese haben sich das Wohnmobil als Begleitfahrzeug geleistet. Eine weitere Person fährt das Wohnmobil, geht einkaufen und kocht und die drei Freunde fahren in der Zwischenzeit ihre Tagesetappe. An sich ein cooles Konzept. Auch sie wollen zum Nordkap. Ihr Ziel ist der 28.07., da deren Frauen an diesem Tag mit dem Postschiff dort ankommen. Wir wünschen Franz und den Dreien eine tolle Fahrt! Für uns ist nun Zeit für eine Pause. Michi entdeckt eine kleine Ecke mit großartiger Aussicht, wo wir kurz rasten und ein paar Fotos machen.

Wieder einmal wird uns bewusst was für ein großes Glück wir haben hier sein zu dürfen. Die Aussicht auf die Natur ist einfach überwältigend. Nach einer kurzen Zeit zieht es uns weiter. Eine rasante Abfahrt wartet auf uns und leichter Regen setzt ein. Neben dem Rentier sehen wir zudem zum ersten Mal an diesem Tag eine Fischfarm im Fjord. „Hier kommt also unser Lachs her“ stellt Kyra fest. Spannend das einmal aus der „Nähe“ zu sehen.

An einer schmalen Brücke kommen wir zum Stehen, da die Ampel rot zeigt. Die Brücke ist so schmal gebaut, dass immer nur eine Seite passieren darf. Doch irgendwie… wird die Ampel nicht grün. Wir grübeln bereits, ob wir etwas falsch gemacht haben und einen Knopf hätten drücken müssen. In diesem Moment wird die Ampel nach circa 10 min grün und wir fahren auf die andere Seite zum Fähranleger. Wieder einmal ärgern wir uns ziemlich, denn wir haben die Fähre, wie in Trondheim, knapp verpasst und müssen diesmal sogar ganze drei Stunden warten. Zum Glück ist direkt am Fähranleger ein kleines Restaurant mit einem Mini-Supermarkt. Wir nutzen die Gelegenheit, essen einen Kuchen mit Kaffee (für Michi gibt es Nusskuchen und für Kyra Apfelkuchen mit Eis) und essen zu Abend.

Dazu der Blick auf den Fjord. Während des Essens reist sogar der Himmel auf und dieser zeigt einige blaue Stellen. Fantastisch! Wir lernen beim Warten auf die Fähre ein Schweizer Ehepaar sowie Pauline mit zwei Freundinnen, eine gebürtige Osloerin, aber nun alle in Hamburg wohnend, kennen. Die drei Reisen mit dem Auto von Hamburg nach Bodø. Die Wartezeit überbrückt die eine Freundin mit einer kleinen Lernsession für ihre Aufnahmeprüfung zum Psychologiestudium. Wir quatschen eine ganze Weile mit Pauline, bis die Fähre kommt. Mit dieser geht es rasant über den Fjord.

Als wir drüben ankommen winken wir Pauline und ihren Freundinnen sowie den Schweizern. Man könnte meinen, dass wir von hier sind und die gesamte Fähre kennen. Nun ist es nicht mehr weit bis zum Campingplatz. Damit Kyra ein bisschen Wärme in der Nacht hat, nach zwei kalten Nächten beim Wildcampen, entscheiden wir uns für eine kleine Hütte mit Dusche und Toilette. Was für ein Luxus! Wir gehen beide heiß duschen, waschen unsere Wäsche und fallen erschöpft ins Bett. Gute Nacht!

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