Ein Laavu in der Öffentlichkeit (Tag 63)
Um 6:00 Uhr klingelt der Wecker, doch wir bleiben noch bis 7:30 Uhr liegen. Nun aber duschen, Wäsche vom Vortag waschen und Blog schreiben. Dabei warten wir auf den Anruf vom Fahrradladen, doch dieser bleibt aus. Wir werden langsam unruhig und müssen um 12 Uhr das Hotel verlassen. Somit packen wir langsam alles ein und checken aus. Vom Hotel machen wir uns mit allen Sachen auf den Weg zum Fahrradladen und sehen Elias bereits durch die Scheibe. Er ist fertig! Die neue Felge steht ihm gut. Da Emil bald eine neue Kassette gebrauchen könnte fragen wir noch nach dieser, aber leider ist die benötigte nicht vorhanden. Nach einem kurzen Gespräch und einem 5er für die Kaffeekasse des Radladens, bekommen wir noch jeder ein Buff geschenkt. Wir ziehen die neuen Buffs an, schwingen uns auf die Drahtesel und kommen nicht weit. Vor uns befindet sich der internationale Markt, von welchem wir bereits einige Kilometer vor Kuopio Werbung gelesen haben.
Auf dem Marktplatz befinden sich einige Stände aus ganz Europa. Das jeweilige Heimatland wird durch die entsprechende Flagge angezeigt. Wir sehen Flaggen aus Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland, den Niederlanden… Frische riesen Bretzeln! Kyra geht zielstrebig auf diese zu und kauft eine Bretzel mit Salz sowie vom Stand nebenan französisches Pistaziennougat. Lecker!

Nun geht es jedoch weiter. Da wir es bereits fast 14:00 Uhr haben, möchten wir zumindest 50 km fahren. In dieser Entfernung ist ein Laavu eingezeichnet, also perfekt! Auf geht’s! Wir verlassen Kuopio auf schönen Radwegen und schnell hat uns der Wald wieder. Durch die Erfahrungen der letzten Tage haben wir jedoch dazu gelernt und unsere Navigation auf Rennrad gestellt, somit erwarten uns wesentlich weniger Schotter- und Sandpisten. Zudem ist das Wetter wirklich ausgezeichnet. Der Himmel ist blau und der nun nur noch leichte Gegenwind ist fast sommerlich warm. Die wenigen Temperaturanzeigen am Straßenrand zeigen 22° an. Für uns ist das nach dem Regen in Norwegen und Nordfinnland ein richtiger Sommertag und mag man der Wettervorhersage glauben, geht es die nächsten Tage so weiter. Nächste Woche sind sogar 26° angesagt, bevor es erneut regnen soll.
Die Nebenstraße führt uns zurück zur E63 und wir befahren diese genau an dem Abschnitt, wo sie gerade keine Schnellstraße mehr ist. Im Rückspiegel können wir noch das Schild der Schnellstraße erkennen. Die E63 führt uns über einige kleine Hügel. Nach einer Pippipause erreichen wir Suonenjoki. Kyra geht in den dortigen S-Market und besorgt Obst, Brot und Käse für unser Frühstück. Da wir seit ein paar Tagen sehr trockene Kekse mit uns rumtragen, bzw. ehrlich gesagt trägt diese Elias, kauft sie noch Vanillesoße sowie Joghurt. Der rausgesuchte Laavu soll vom Supermarkt nur noch 2 km entfernt liegen, somit fahren wir auf direkten Weg dorthin. Vor Ort müssen wir kurz suchen, doch schnell ist der Laavu erreicht. Dieser ist anders als die Vergangenen.

Er ist zu einem Drittel offen und die Feuerstelle befindet sich zur Hälfte im und zur anderen Hälfte vor dem Laavu. Die Öffnung ist bodentief und nicht wie sonst etwas erhöht. Dadurch ist dieser sehr einsehbar. Im Kreis um die Feuerstelle befinden sich vier breite Bänke, die uns bereits jetzt zum Schlafen einzuladen scheinen, aber zunächst gibt es Abendessen. Mit Blick auf das kleine Waldgrundstück in der Nähe eines Sees essen wir Cornflakes mit Milch und eine Wassermelone sowie jeder einen Pfirsich. Während des Essens kommen ein paar Mountainbiker an uns vorbeigeschossen, diese scheinen sich jedoch nicht weiter für uns zu interessieren. Als wir gerade ein kleines Feuer gemacht haben, springt ein weiteres Mountainbike an uns vorbei, der Finne auf diesem dreht sich sichtlich erschrocken um und bleibt stehen.

„Hey“ sagt er. Wir grüßen ebenfalls und ein kurzes Gespräch entsteht. Er ist interessiert an unseren Fahrrädern und der Tour, doch er scheint weiter zu müssen. 5 min nachdem er weg gefahren ist, kommt er wieder und hat zwei Karten von sich dabei: „Here is a little reminder of me and Finland!“ Auf der Karte steht, dass er Mikko heißt und es ist ein kleines Foto von ihm abgebildet. Wir stellen uns ebenfalls vor. Mikko war bereits in Berlin und Bad Zwischenahn zum Ice Circle Race. Verrückt! Er arbeitet in einem Autogeschäft in der Nähe von einem weiteren Laavu, nur 3 km von hier. Dieser soll schöner und nicht so öffentlich sein, aber Mikko bestätigt, dass auch hier für eine Nacht in Ordnung ist. Also entscheiden wir uns hier zu bleiben. Anschließend sprechen wir noch über die Höhe des Schnees im Winter und was es mit den Leitern an den Häusern auf sich hat. Diese sind tatsächlich dafür da, um den Schnee im Winter leicht vom Dach fegen zu können. Das ist eine ganz andere Welt, als bei uns in Emden, stellen wir lachend fest. Auf Michis frage was für ihn das Beste an Finnland ist, antwortet Mikko „the seasons“. Er erläutert, dass jede Jahreszeit etwas für sich hätte. Im Winter ist es kalt und es liegt Schnee. Im Sommer ist es warm und man kann in einem der vielen Seen schwimmen gehen. Jede Jahreszeit ist einzigartig und hat etwas schönes an sich. Wir nicken begeistert. Nun scheint er jedoch wirklich nach Hause zu müssen. Wir vernetzten uns noch kurz bei facebook und schenken ihm Tee zum Abschied. Wenige Minuten später schickt er von zuhause ein Foto, auf welchem eine Tasse Tee abgebildet ist. Dazu die Unterschrift: „Realy nice tea!“. Wir bekommen in der Zwischenzeit besuch von mehreren Kindern im Alter von ungefähr 12 Jahren. Zunächst noch etwas schüchtern fragen sie uns, ob sie sich zu uns zum Feuer setzten dürfen. Als wir einwilligen, legen zwei eine Fertigpizza auf ein Rost über das Feuer. Es scheint nicht so ganz zu funktionieren, trotzdem wird die wahrscheinlich noch kalte Pizza gegessen. Die Kinder fragen woher wir kommen und Michi erzählt von unserer Tour auf Englisch. Anschließend scheinen wir uninteressant zu werden und sie reden untereinander auf Finnisch. Die Schüchternheit ist schnell verflogen und sie werden immer lauter. Als sie schließlich gegen 22:30 Uhr nach Hause müssen, ist es fast dunkel. Wir lassen das Feuer abbrennen und bereiten unser Nachtlager vor. Die zwei mitleren Bänke werden mit der Plane abgedeckt, darüber kommen die Isomatten und Schlafsäcke. Zum Sichtschutz werden Emil und Elias jeweils vor eine Bank gestellt. „Guck mal da sind Sterne!“ stellt Kyra überrascht fest. „Die ersten Sterne seit über 1,5 Monaten“ lacht Michi. Mit Blick in den Sternenhimmel schlafen wir ein.