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Ein geschichtsträchtiger Ort (Tag 82)

Wir beide schrecken kurz in der Nacht hoch. Irgendein Nagetier hat es sich zwischen Innen- und Außenzelt gemütlich gemacht. Nachdem es verscheucht ist, betrachten wir den tollen Sternenhimmel. Am Morgen lächelt die Sonne ins Zelt. „Guten Morgen.“, sagt Kyra verschlafen. Frido dreht noch ein paar Runden über das Areal und übersieht einen Baum.

Hilflos fällt er an diesem hinab und verfängt sich in etwas Efeu. Bis auf ein paar grüne Verfärbungen ist alles gut gegangen und so fliegt er gleich nochmal, um zu zeigen, dass alles passt. Bei solch einem Wetter bauen wir natürlich zuerst das Zelt ab, um es zu trocknen. Für das Frühstück nutzen wir eine der zahlreichen Bänke. Wir übertragen Bilder und schreiben einen Blogeintrag in der Schaukel.

Ein wuscheliger Hund kommt auf uns zugelaufen und begrüßt uns freundlich. Er folgt unserer Spur zu dem Platz, an dem das Zelt stand und schnuppert interessiert an unserer Essenstasche, dann wird er von der Besitzerin gerufen. Auch diese sagt uns freundlich: „Dzień dobry!“Wir reden eine Weile über Elche. Diese schleichen sich hin und wieder über den Zaun in den Campingplatz. „Vorletztes Jahr im Winter stand eine Elchkuh mit ihren zwei Jungen auf dem Platz.“, erzählt die Besitzerin stolz. Auch wenn sie mit Hund Lucky im angrenzenden Wald spazieren geht, sieht sie manchmal Elche. Wir hätten nicht gedacht, dass es hier noch so viele Elche gibt und erzählen von unseren beiden Begegnungen. Wir sagen ihr, wo es heute hingeht und, dass es etwas später werden könnte. Sie bietet netterweise an, zu übersetzen. Sofern die Besitzer des nächsten Campingplatzes kein Englisch oder Deutsch reden, sollen wir uns einfach melden. Wie nett! Nun müssen wir langsam los. Wir verabschieden uns von Lucky, der Besitzerin und ihrem Mann. Es geht zunächst durch landwirtschaftlich geprägte Gegenden, bis uns unsere Navigation von der asphaltierten Straße auf eine Kopfsteinpflasterstraße umlenkt. Links und rechts wurde allerdings ein neuer Fahrradweg gebaut.

Er fährt sich klasse, bis auf die Tatsache, dass dieser nicht nur von Fahrrädern, sondern auch schweren Landmaschinen und Pkw genutzt wird. Entsprechend abgefahren ist er an einigen Stellen bereits. Wir überholen einen anderen Radfahrenden und grüßen einen zweiten, der gerade fotografiert. Nach einer Kurve endet der Weg und geht in einen reinen Schotterweg in den Wald über. Nach einer weiteren Kurve wird daraus ein Sandweg und Emil sowie Elias versinken bis zu den Speichen im Sand. Das Sand-Schotter-Gemisch führt uns einige Kilometer durch den Wald. Schließlich geht es durch ein Maisfeld an einem alten Bahnhof vorbei.

Der nächste Wald erstreckt sich vor uns und wird auf der rechten Seite von zahlreichen Militärmusen unterbrochen. Zur linken Seite erblicken wir die ersten Bunkeranlagen. Das Betreten des Waldes wird untersagt. Dann stehen wir vor dem heutigen Museum zur „Wolfsschanze“. Wir parken unsere Fahrräder auf dem kleinen Fahrradparkplatz und schließen diese an. In eine kleine Tasche packen wir alle wichtigen Wertgegenstände, bezahlen den Eintritt und gehen rein. Uns beiden knurrt ziemlich der Magen. Also geht es zunächst ins Restaurant und wir probieren die masurische Küche. Es gibt mit Gulasch gefüllte Kartoffelpuffer. Mhm… Lecker! Zum Nachtisch genießen wir einen Lebkuchen-Kuchen und warmen Apfelkuchen. Ebenfalls sehr gut!

Am Tisch neben uns sitzt ein weiteres deutsches Ehepaar, diese kommen vom Niederrhein, wie Kyra. Ihre Tochter zieht demnächst in ihre eigene Wohnung. Wir quatschen ein bisschen und erzählen von unserer Auszeit. Dann geht es auf einem Rundweg durch das Gelände. Als erstes begrüßt uns ein aus Holz geschnitzter heulender Wolf. Nach den ersten Metern folgt ein Souvenir-Shop in einem Bunker. Irgendwie komisch, wir lassen ihn links liegen und gehen weiter. Auf den Hinweistafeln wird die Bauart und Funktion erklärt. Bereits vor der dritten Ruine stehen wir an einem besonders geschichtsträchtigen Ort. Der Ort des Attentats durch den Offizier von Stauffenberg auf Hitler. Das Gebäude ist jedoch so beschädigt, dass Räume nur zu erahnen sind.

Am Ende der Anlage befindet sich eine Ausstellung in einem, dem Grundriss ähnlichen, Gebäude. Der Raum des Attentats, wurde nachgebaut und die Positionen der einzelnen Personen dargestellt. An den Wänden hängen Uniformen, Informationstafeln und YouTube-Videos werden abgespielt, im Hintergrund läuft die Audiospur einer Besprechung. Die Besucher laufen aufgeregt tuschelnd und lachend hin und her. Fotos werden geschossen. Ein Wachmann sitzt gelangweilt am Eingang. Normalbetrieb. Alles in allem ist die Szenerie für uns ein wenig befremdlich. In einer weiteren Baracke ist eine Ausstellung zum Warschauer Aufstand. Hier steht direkt im Eingangsbereich eine Sammelbüchse für die Restauration eines gekauften Panzers sowie den Erwerb weiterer Stücke. Insgesamt hätten wir uns mehr Museumscharakter erhofft. Vieles scheint nur für das Auge hingestellt und grob beschrieben. Wir gehen über den Campingplatz des Geländes zurück zum Parkplatz und verlassen die Wolfsschanze. Gleich danach stehen erneut einige Flug- und Fahrzeuge unter freiem Himmel. Ein weiteres „Militärmuseum“. Wir fahren weiter Richtung Kętrzyn. Nach einer langen Abfahrt nach Święta Lipka sehen wir zur linken die beeindruckende barocke Wallfahrtskirche „Heiligenlinde“.

Anschließend geht es wieder hoch und wir fahren durch einen riesigen Wald. Weitere Hinweisschilder zeigen an, dass man den Wald nicht betreten darf. Am Ende folgt ein langer Anstieg, der in einer größeren Landstraße endet. Die Landstraße ist als Allee gestaltet. Es sieht wunderschön aus. Der Blick endet in einem unendlich erscheinenden Blättermeer. Im nächsten Ort gehen wir noch schnell Einkaufen. Wir benötigen, wie so oft, etwas für abends sowie zum Frühstück. Dann geht es weiter die Allee der Bundesstraße entlang. Als diese in die Schnellstraße mündet fahren wir auf einer kleinen Nebenstraße weiter. Es ist dunkel und kühl.

Endlich biegen wir links auf eine alte Pflasterstraße ein und das beleuchtete Restaurant des Campingplatzes ist hinter einem See von weitem zu sehen. An der Rezeption angelangt ist diese bereits geschlossen. Die angegebenen Telefonnummern führen ins Leere. Die eine ist nicht vergeben, die zweite führt zu einem Herrn, der sich auf Deutsch meldet: „… Ne, Campingplatz haben wir hier weit und breit nicht…“ Ein Nachbar des Campingplatzes steht vor seiner Tür und raucht eine Zigarette. Wir sprechen ihn an und er zeigt sich sehr hilfsbereit. Er ruft eine weitere Nummer an. Ein netter Herr kommt aus einem Hinterraum des bereits geschlossenen Restaurants und nimmt das Geld entgegen. Wir fahren im bereits vollkommen dunklen am Sanitärgebäude vorbei auf die Halbinsel. Dort stehen einige Wohnmobile und ein Zelt. Wir entscheiden uns für einen Platz unter ein paar Bäumen. Es ist mittlerweile 22 Uhr und nachdem das Zelt im Dunkeln aufgebaut ist, fallen wir in den Schlaf.

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