Die See hat uns wieder. Auf nach Trondheim! (Tag 24)
Das Innenzelt in der Hütte erwacht zum Leben, als in der Ferne eine Kuh den Tag mit einem innbrünstigen: „Aaaaa Mouuuuuuhhhh!“ begrüßt. Eine Mücke versucht verzweifelt sirrend in das Zelt zu gelangen. Kyra beginnt den Tag mit: „Guten Morgen. Au…a…uhhh meine Hüfte.“ „Ja, meine auch. Hart und kalt, aber trocken und geschützt.“, erwidert Michi. Da wir aufgrund des wenigen Wassers nicht alles waschen konnten und uns Trondheim zumindest ein bisschen ansehen wollen, entscheiden wir uns für einen Luxus: Ein Hotelzimmer oder doch Campingplatz? Das Hotel ist erstaunlicherweise der Preis/Leistungs-Sieger. Die Buchung verschieben wir auf später, da wir kein Netz haben. Schnell wird alles zusammengepackt und die beiden Drahtesel durch die knarrende Holztür geschoben. Sonnenschein! Unfassbar, wir frühstücken im Sonnenschein.

Beim Aufwärmen und leckerem Polarbrot kommen mehrere Pilger an der Hütte vorbei. Mit einem Beliger unterhalten wir uns kurz, doch dann müssen wir weiter. Auf holprigen Radwegen geht es den Hügel hinab. Doch da war doch noch was. „Ein Supermarkt! Sollen wir?“, ruft Kyra von vorne. „Klar!“, erwidert Michi und so schieben wir unsere Drahtesel vorbei am Industrie-Museum von Løkken. Hier wurde scheinbar viel Bergbau betrieben und somit können wir zahlreiche Bronzegüsse sowie eine alte Lock bestaunen, ehe wir einkaufen gehen.

Kyra kauft ein und Michi erhöht den Wasservorrat von 0,25 L/Person auf das tägliche Minimum von 3 L/Person. Das Zimmer wird gebucht und schon ist Kyra mit frischem Brot, Joghurtdrink und weiteren Stärkungen zur Stelle. Auf zur Küste! Durch Waldstücke und über Felder folgen wir kleinen, Raubakken, und immer größeren Fließgewässern, Orkla. Ein Gegenwind stellt sich so langsam ein, je näher wir dem Meer kommen. Nach einer kurzen Pause hat Elias wieder 3,5 bar im Hinterreifen und wir fahren gestärkt weiter. Zahlreiche Menschen versuchen ihr Glück mit der Angel in den Flüssen. Fast jedes Auto hat nun Halterungen auf der Motorhaube und führt an diesen lange Angeln mit, die sich bis über das Dach erstrecken. Wir können das Meer schon fast schmecken.

Dann hören wir es. Möwen! Orkanger mit seinem Industriehafen ist erreicht und der Fjord tut sich vor uns auf. Die Strecke ist auch bei anderen Radfahrenden sehr beliebt und so überholen uns immer wieder Rennräder und Mountainbikes. Man führt kurze Unterhaltungen während der Fahrt, doch zumeist beschränkt es sich auf begeisterte Blicke, ein Gruß mit der Hand und ein freundliches: „Hej! God tour!“ Ein Radreisender kommt uns winkend entgegen. Ansonsten schlängeln wir uns nach Børsa unter Felswänden dicht am Wasser entlang.

Traumhafte Villen, verlassene alte Industrie, doch vor allem das Meer mit zahlreichen kleinen Fischerbötchen halten unsere Blicke fest. Ein letzter Anstieg nach Heimdal und es ist geschafft. Im Feierabendverkehr radeln wir erstaunlich vielen mit dem Rad Pendelnden auf unserer Abfahrt nach Trondheim entgegen. Einige quälen sich förmlich den Berg hinauf. Aus der Ferne erblicken wir den Nidarosdomen, das Ziel des Pilgerweges, der uns die Tage immer wieder begleitete. Kyra geht zum Dom und Michi bewacht die Drahtesel.
Doch Kyra kommt sogleich zurück. „Nicht so schön oder zu viele Leute?“, fragt Michi verdutzt. „1200 Kronen! Nur zum Betreten des Gotteshauses.“, erwidert Kyra. „Das ist ja unverschämt. Nicht nur die Stabkirchen kosten, auch der Dom! Bei mir in der alten Heimat…“ fängt Michi empört an. „Ich weiß, da darf man bei der Wieskirche sogar auf dem kostenpflichtigen Parkplatz, mit einem Nummernschild aus der Region kostenfrei parken.“, ergänzt Kyra. Schade, aber rund 24 € ist uns das Erlebnis einmal im Kreis durch eine Kathedrale geschoben zu werden nicht wert. Wir sehen uns noch den erzbischöflichen Palast an und betrachten den Dom, der im Übrigen seit 1152 als Kathedrale genutzt wurde und das Treiben davor eine Weile, bis wir das norwegische Heiligtum und Krönungsstätte zahlreicher Könige verlassen. Am Hotel angekommen, verstauen wir Emil und Elias und gehen aufs Zimmer. Im Hotel gibt es tatsächlich eine Waschmaschine zur kostenfreien Eigennutzung. Himmlisch! Schnell ist eine Maschine angestellt und wir gehen einkaufen. Es gibt Wraps auf dem Hotelzimmer, die Wäsche trocknet an zahlreichen Kleiderhaken, -bügeln, -ständern und umfunktioniertem Mobiliar.

Wir sehen uns Tipps anderer Radreisender für Finnland und Nordnorwegen an, essen, planen die Fähre. Satt und zufrieden fallen wir nach einer heißen Dusche ins Bett. Was wohl das Frühstücksbuffet morgen bereithält? Wir sind gespannt!