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Der Geburtsort von Kyras Opa (Tag 83)

Wir erwachen am Morgen zeitig. Da die Sonne erneut in voller Pracht scheint, bauen wir das Zelt ab und trocknen das Außenzelt auf Emil und Elias in der Sonne. Aufgrund des Taus in der Nacht ist es wieder klatsch nass von innen. In der Zwischenzeit frühstücken wir auf der Unterplane.

Anschließend macht Kyra den Wassertest und geht mit den Füßen in den See. Dieser scheint zwar nicht angenehm warm, aber auch nicht zu kalt. Wir wollen es wagen! Schnell ist die Badekleidung angezogen und wir auf dem Weg zum Wasser. Nach ersten zögerlichen Schritten ist zuerst Michi komplett im nassen Kalt verschwunden. Kyra geht zögerlich hinterher, taucht dann aber auch unter. Einfach nur herrlich! Wenn man sich einmal ganz ins Wasser getraut hat, ist es gar nicht mehr so kalt. Erstaunt stellen wir fest, dass das Wasser fast wärmer als die Luft sein könnte. Aktuell sind es 18°C. Nachdem wir uns gründlich gewaschen haben, verlassen wir den See wieder und trocknen uns ab. Als wir gerade auf dem Weg zum Zelt sind, spricht uns eine Frau an: „Hi! Ihr seid aus Emden? Mit dem Fahrrad zu reisen ist schon hart, oder?“ Wir erzählen ihr, dass wir bereits länger unterwegs sind und der Straßenverkehr in Polen für uns recht angenehm ist. In den letzten Tagen wurde auf der Straße immer gut Rücksicht auf uns genommen. Lediglich ein LKW hat viel zu nah überholt, sonst fühlten wir uns auf den Straßen sehr sicher. Die Frau ist begeistert von unserer Route und meint zum Abschluss noch: „Hätte ich auch so jemanden Fahrradverrückten, würde ich das auch nochmal machen!“ Wir winken ihr und gehen zurück zu Emil und Elias. Die beiden warten bereits auf uns und können es kaum erwarten zu starten. Wir ziehen uns um, packen die letzten Sachen ein und starten. Es geht runter vom Campingplatz und auf den Schotterweg von gestern Abend. Als wir gerade kräftig in die Pedale treten wollen, kommt aus einer Einfahrt ein bellender Hund gelaufen. Er ist nicht an der Leine und fletscht die Zähne. Michi ruft: „Schnell! HUND!“ und wir beide strampeln was das Zeug hält. Schnell können wir den Hund hinter uns lassen und Kyra sagt keuchend: „Zum Glück hat er das nicht gestern Abend gemacht!“. Wir regen uns noch eine Weile über die Hofhunde auf und sind dabei schnell an der Hauptstraße von gestern Abend angelangt. Dieser folgen wir nun weiter Richtung Westen. Unser erstes Ziel ist Olsztyn. Mit knurrenden Magen erreichen wir Olsztyn schnell. Wir bewundern kurz das Rathaus und finden rechter Hand einen Bäcker.

Michi setzt sich draußen hin und passt auf die Drahtesel auf, während Kyra etwas zum Essen besorgt. Kurze Zeit später kommt sie strahlend mit 5 vollen Tüten wieder und reicht Michi eine: „Guten Appetit!“ In der Tüte ist eine Art gefülltes und belegtes Fladenbrot. Die Füllung besteht aus Käse, Champignons und Fleisch. Es schmeckt fantastisch. Kyra isst währenddessen eine Art überbackenes Pizza-Fladenbrot. Auch dieses ist super! Zum Nachtisch gibt es anschließend zwei mit Pflaumen und Schokolade gefüllte Croissants. Diese sind jedoch nicht aus Blätterteig, sondern ebenfalls aus schwerem Hefeteig. Sehr lecker! Auf der Tüte der Bäckerei entdecken wir, dass diese Art Fladenbrot ursprünglich aus Georgien kommt und es in Danzig einen weiteren Laden gibt. „Da müssen wir in Danzig nochmal hin!“ sagt Michi strahlend.

Zum Abendessen bleibt eine Mischung aus Knoblauchbrot und Kräuterfladenbrot. Satt rollen wir Emil und Elias zurück zur Straße und verlassen Olsztyn. Auf der rechten Seite zur Hauptstraße taucht plötzlich ein Schnellstraßenschild auf, welches diese in 1000 m ausweist. Kyra ruft von hinten: „Schnellstraße? Führt uns die Navigation runter?“ und Michi antwortet verdutzt: „Ich glaube nicht!“ 1000 m später stehen wir an einer Kreuzung und müssen nach rechts die Straße verlassen. Ein Blick ins Internet zeigt, dass uns auch andere Navigationssysteme über die Schnellstraße führen wollen, doch diese ist eindeutig, durch unmissverständliche Beschilderung, für den Fahrradverkehr gesperrt. Mist! Die Straße rechts von dieser, auf der wir uns gerade befinden, scheint zudem in weiteren 1000 m zu enden. Schnell ist jedoch ein Alternativweg mit kleinem Umweg rausgesucht. Wir wechseln auf die linke Seite der Schnellstraße und fahren einige Kilometer mal links, mal rechts und wieder links und rechts von der Straße entlang.

Dabei geht es einige Male auf und ab sowie über Brücken. Nach circa 30 km ist unser nächstes Zwischenziel erreicht. Wir befinden uns in Olsztynek dem Geburtsort von Kyras Opa. Vorherige Recherchen haben ergeben, dass ein paar Gebäude von früher noch stehen. Diese wollen wir für Opa Erwin fotografieren. Somit fahren wir am Wasserturm, dem alten Gymnasium und dem Rathaus vorbei. Es stehen noch erstaunlich viele alte Gebäude. Anschließend geht es noch zu der Stelle, an der früher das Tannenberg-Denkmal stand.

Kyras Opa hat schon häufiger berichtet, wie er hier als kleiner Junge immerzu die Soldaten geärgert hat. Kyra kann ihren Opa als kleinen Jungen förmlich durch die Straßen laufen sehen. An dem Ort ist jedoch bis auf ein paar Steine im Gestrüpp nichts mehr zu sehen. Die Anlage wurde gesprengt und der Rest als Baumaterial abgetragen. Was dann noch übrig war holt sich die Natur zurück.

Wir fahren weiter und verlassen die Stadt nachdenklich. Welch unbeschwerte Kindheit wir erleben durften. Die Straße führt durch viel Landwirtschaft und an alten Bauernhöfen vorbei. Wie im Flug vergehen die Kilometer und schnell erreichen wir unseren Übernachtungsort Ostróda. Hier springt Kyra nochmal schnell in den Supermarkt und besorgt zum Knoblauchbrot Weintrauben, Tomaten und Wurst. Zum Nachtisch gibt es Milchreis und fürs Frühstück Cornflakes mit Milch. Als wir die Sachen verstaut haben ist es bereits fast komplett dunkel. Bis 20:00 Uhr sind es nur noch ein paar Minuten. Wir schwingen uns ein letztes Mal für heute auf die Drahtesel und geben Gas. Wir möchten den Platz noch im restlichen Licht erreichen, um nicht wie gestern in völliger Dunkelheit das Zelt aufbauen zu müssen. Um kurz nach 20:00 Uhr ist es geschafft. Zufällig fährt im gleichen Moment ein Wohnmobil suchend umher. Diese haben bereits den Besitzer angerufen und so treffen wir, das Wohnmobil und der Besitzer im gleichen Moment aufeinander. Kyra hat währenddessen noch einmal gedreht und fährt die letzte Straße ab, denn die Milch ist verschwunden. Glücklicherweise wird diese von ihr eine Kurve weiter auf der Straße gefunden. Wir bauen unser Zelt auf, essen im Zelt zu Abend und fallen erschöpft in den Schlaf.

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