Auf in die Berge (Tag 20)
Die Nacht war trocken und dennoch etwas unruhig. Wir drehen uns nochmal um. 7:30 Uhr. Nun aber. Die Mosquitos sind verschwunden, die Sonne lacht und wir starten in die Morgenroutine. Nachdem wir uns „geduscht“ haben, stehen wir um 9 Uhr frisch gestriegelt vor dem Camper. Schnell sind der Tisch und die Stühle vor dem Wohnmobil aufgestellt und wir setzen uns. Franzi und Max sind quasi auf ihren vorgezogenen Flitterwochen. Erneut ist das Wetter gnädig. Die Sonne scheint und es ist bereits jetzt gut warm. Wir sprechen über die Touren, Oslo, unsere Berufe und was sonst so im Leben passiert. Doch dann müssen wir los. Die beiden wollen noch zur Stabskirche und wir weiter Richtung Otta und darüber hinaus. Wir verabschieden uns und die Fahrt beginnt erneut mit einem Anstieg. Dieser ist allerdings geteert, dafür etwas länger. In Serpentinen schlängelt sich der Weg nach oben. Wir passieren wir zwei Personen aus Lillehammer. Sie pilgern und müssen auf die Straße ausweichen, da im Wald Bauarbeiten den Weg versperren. Nach einem kurzen Plausch geht es weiter. Nach einer Abfahrt geht es nun fast eben, mit einem kurzen Stop an der Sør-Fron kyrkje Hundorps vorbei. Hier läge ebenfalls ein Grabhügel der Eisenzeit, aber man kann nicht alles mitnehmen und es liegt noch vieles vor uns. Nach Vinstra macht sich Michi etwas Musik auf die Ohren und untermalt von seinem Gesang fahren wir fröhlich beschwingt zwischen den immer steiler aufragenden Bergen links und rechts des rauschenden Gudbrandsdalslågen entlang. Es ist einfach herrlich.

Die Besiedlungsdichte nimmt ab und die Natur kehrt zurück in den Fokus. „Da liegt Schnee!!!“, jauchzt Michi entzückt, als er kurz vor Kvam ein kleines Schneefeld auf einem Hang voraus entdeckt. Wir rasten auf einer kleinen Bank mit Tisch am lokalen Supermarkt. Auf der Suche nach einer Toilette finden wir einen Parkplatz. Die Schranke versperrt die Zufahrt nur für Autos und so stehen wir kurze Zeit später vor einem Toilettenhäuschen. Ein Ameisenhügel versperrt den Zugang zum ohnehin abgeschlossenen Ort der Begierde. Der Teer wirkt relativ neu, die Bänke ebenso, sogar eine Touristeninformation über die Region ist in großen Tafeln hinter Plexiglas an aufgestellten Schieferplatten zu lesen. „Wo sind wir hier?“, fragt Michi laut. Als er auf einem der Parkplätze steht, den sich die Natur langsam zurückerobert. Etwas irritiert fahren wir weiter und finden in Sjoa an der Sjoa Mat og Bensin Knut Granli die passende Örtlichkeit. Der Klappspaten darf noch etwas ruhen. Zahlreiche Holzfiguren zieren die Tankstelle. Gnome, Hexen, Trolle und ein Elch schauen uns teils argwöhnisch grinsend an.
Erleichtert und mit frischem Wasser wechseln wir erneut die Uferseite und kommen vorbei an einladenden, malerisch gelegenen Lagerplätzen am Fluss nach einer gefühlten Ewigkeit nach Otta. Auf dem Veggumsvegen radeln wir entlang des reißenden Otta Vågåmo entgegen. Nur noch sechs Anstiege trennen uns von unserem Ziel. Eins und zwei sind leicht genommen, drei und vier ebenso mit einem kleinen Stopp. Doch fünf hat es bereits in sich erneut 15 % Steigung und so langsam brennen die Beine. Ein Rennradler kommt am Höhepunkt entgegen und kann selbst nur schnaufend die Finger zum Gruß vom Lenker abspreizen. Wir nicken dankend mit selbigem Gruß zurück. Vor dem sechsten Anstieg versteckt sich ein nicht eingezeichneter und dann ist der sechste da. Wir schlängeln uns auf der wenig befahrenen Straße nach oben. Alte Holzhäuser mit grasbewachsenen Dächern säumen den Weg. Bis auf wenige Autos ist es leer und still. Sodass nur unser Keuchen die Ruhe rhythmisch zerschneidet. „Ich… mach… eine… Pause!“, ruft Kyra hält und holt die Trinkflasche raus. Michi kämpft sich weiter den Berg hinauf. Noch eine Kurve, noch eine… vielleicht. JA! Oben angekommen gleicht Michi ebenfalls den Wasserverlust aus und kaum ist die Flasche zurück im Halter, ist Kyra schon da. Ein weiterer lokaler Rennradler unterhält sich kurz mit uns. „It’s hot! So hot! Isn’t it?“ fragt er und wir bestätigen dies. Wir reden kurz und schon geht es hinab nach Vågåmo. Doch da ist mehr Schnee und der Fluss und Gletscher?!

Wir haben diese Szenerie nicht erwartet und sind umso mehr überwältigt. Es ist einfach unglaublich schön und die beste Währung für die erbrachte Leistung beim Anstieg. Gratis gibt es eine rasante Talfahrt auf perfektem Asphalt. Am Campingplatz angekommen werden wir mit offenen Armen empfangen. Der junge Mann an der Rezeption ist so freundlich, dass wir versprechen uns später noch ein Eis abzuholen. Die Nachbarn bringen uns Campingstühle. Wir unterhalten uns ein wenig und ziehen mit knurrenden Magen los zur Tanke, die zugleich ein Supermarkt sowie Restaurant ist. Als wir die Größe der Pizzen sehen, entscheiden wir uns für eine. Auf dem Rückweg kauft Michi ein Eis und unterhält sich noch eine Weile mit dem jungen Mann, der Geschichte studiert hat und einiges über die Monarchie Deutschlands und vor allem Dänemarks, Schwedens sowie natürlich Norwegens zu berichten weiß. Interessant und Kyra betritt grinsend mit der Pizza die Rezeption. Stimmt, wir wollten essen.
Kurz reden wir noch mit dem jungen Mann und seiner Freundin, dann ziehen wir weiter zum Zelt und lassen uns zufrieden in die Campingstühle fallen. Die Abendroutine startet und bei strahlendem Sonnenschein verkriechen wir uns gegen 23 Uhr ins Zelt.